Roses Revolution Day – Soll ich eine Rose niederlegen?

Als ich das erste Mal vom Roses Revolution Day hörte, dachte ich nur: „Das betrifft mich doch nicht!“.

Doch, wie ich jetzt weiß: Weit gefehlt. Etwas später musste ich erkennen, dass ich sehr wohl – sogar mehrfach – Gewalt und übergriffiges Verhalten während der Geburt meines ersten Kindes erlebt hatte. Und ich hatte es bis dahin verharmlost: „Das gehört bei einer Geburt eben dazu.“ und gescherzt, dass man an der Kreißsaaltür seine Würde abgebe.

Gar nicht lustig, wie ich jetzt weiß.

Der Tag der Rose, der Roses Revolution Day, ist ein Tag an dem auf Gewalt und respektloses Verhalten in der Geburtshilfe aufmerksam gemacht wird. Und dass dies bei Weitem mehr Frauen betrifft, als sogar von den Betroffenen gedacht – das macht mich betroffen.

Lass mich dir beschreiben, was ich damals erkannte, als mir klar wurde: Gewalt in der Geburtshilfe ist sehr verbreitet, alltäglich und oft sogar gesellschaftlich akzeptiert. Das muss sich ändern.

Der Roses Revolution Day – Was ist Gewalt in der Geburtshilfe?

Gewalt in der Geburtshilfe – das meint nicht in erster Linie Dinge wie Schlagen, Kneifen, Fixieren… auch, wenn diese Dinge leider ab und zu passieren.

Viel häufiger und subtiler ist dagegen die „alltägliche Gewalt“, die oft so gar nicht als Gewalt und Grenzüberschreitung erkannt wird. Zum Beispiel:

? Interventionen ohne Vorankündigung.

? Medikamentengabe ohne Zustimmung oder Aufklärung.

? Vaginale Untersuchungen ohne dein Okay.

? Zwang in eine bestimmte Körperhaltung.

? Verbot zu essen oder zu trinken.

? Unfreundliche oder respektlose Kommunikation.

? Drohung mit der angeblichen Gefährdung der Gesundheit deines Kindes.

? Ein Zugang in deinem Arm, obwohl du ihn nicht willst oder brauchst.

All das sind Beispiele für Respektlosigkeiten und Grenzüberschreitungen in der Geburtshilfe, die täglich massenweise passieren. Dies sind Auszüge aus einer langen (und wahrscheinlich noch unvollständigen) Liste von Gewalt, Übergriffigkeiten und Respektlosigkeiten, die bei der Geburt deines Kindes passiert sein können.

Ohne, dass darüber überhaupt gesprochen wird. Jetzt ändern wir das.

Ich habe eine Liste erstellt, auf der du überprüfen kannst, ob du auch betroffen bist.

Was passiert am Roses Revolution Day?

Es ist der Tag gegen Gewalt und Respektlosigkeit in der Geburtshilfe.

Um darauf aufmerksam zu machen, wie viele Grenzüberschreitungen passieren

Das große Ziel hinter all dem ist, dass wir zu einer rundum würdevollen Geburtshilfe finden. Dafür müssen Missstände erkannt und besprochen werden; auf eine konstruktive Weise.

Den Roses Revolution Day gibt es so in Deutschland seit 2014. Seitdem legen jedes Jahr Frauen eine rosafarbene Rose vor den Türen des Kreißsaals oder Geburtsortes nieder, an dem sie Gewalt oder Respektlosigkeit erfahren haben.

Doch allein eine Rose niederzulegen, wird nur wenig verändern. Denn das Personal weiß so nicht, was genau passiert ist und wo Veränderungen stattfinden müssen. Deshalb empfehle ich dir: Schreib auch einen Brief dazu, in dem steht, was du konkret erlebt hast – sodass diese Dinge konstruktiv verändert werden können.

Mein zweiter Tipp: Setz dich bloß nicht unter Druck! Der Roses Revolution Day soll dir helfen. Fühlst du dich damit unwohl, dann leg keine Rose nieder!

Du musst gar nichts am Roses Revolution Day

Stell dir dieses Szenario vor:

Mit einer Rose in der Hand steigst du in die Bahn. So viele Blicke. Sie scheinen zu fragen: Warum trägt sie eine Rose in der Hand?

Du steigst aus. Es ist ganz in der Nähe von der Klinik.

Dort, wo du damals dein Kind geboren hast.

F***. Deine Hände werden eiskalt. Dein Kopf wird heiß. Du schwitzt und zitterst gleichzeitig und hüllst dich noch fester in deinen Mantel.

Du gehst weiter und stehst schließlich vor der Klinik. Die Rose in deiner Hand. Alles in dir schreit: ICH WILL DAS NICHT.

Doch dein Verstand ermahnt dich: Ich sollte das tun. Ich sollte mich nicht so anstellen. Ich muss da jetzt durch.

Aus der Klinik kommen Menschen. Sie scheinen dich anzustarren. Mit deiner Rose in der Hand.

STOP!

Du musst das nicht tun! Du musst gar nichts! Der Roses Revolution Day soll dir dienen. Er soll FÜR dich sein.

Doch er kann verdammt tiefe Ängste hochholen.

Große Gefühle aufwirbeln. Unangenehme Gefühle. Dich im schlimmsten Fall retraumatisieren.

Du musst diese Rose nicht ablegen, wenn du es nicht willst. Ehre deine Grenzen! Es gibt andere Wege, mit deinem Schmerz umzugehen.

Was du stattdessen tun kannst: Alternativen zum Niederlegen der Rosen

Es kann triggernd oder auch beängstigend sein, die Rose abzulegen. Vielleicht hast du Angst, dich rechtfertigen müssen, nicht verstanden werden, zur Schau gestellt zu werden, wenn du in der Klinik bist.

Wenn das so ist: Geh nicht in die Klinik. Leg die Rose davor ab, wenn du den Weg bis dahin schaffst.

Falls nicht, kann dich eine Freundin begleiten? Oder kann sie die Rose für dich ablegen?

Wie wäre es, wenn du einen Brief an die Klinik schreibst (eine Vorlage findest du hier). Kauf dir selbst eine Rose, zupfe 2 Blütenblätter ab und gib sie in den Brief.

Überlege dann, ob du den Brief überhaupt abschicken möchtest. Vielleicht dient es dir mehr, für dich selbst für Klarheit zu sorgen und den Brief zu behalten oder zu verbrennen und dabei still zu trauern.

Es gibt hier kein richtig oder falsch. Erinnere dich: Der Roses Revolution Day soll FÜR dich sein und dich nicht unter Druck setzen.

Du wirst über das Niederlegen einer Rose keine Heilung erfahren. Was wirklich heilsam ist, ist wenn du für dich selbst einstehst. Und das kann bedeuten, eine Rose abzulegen. Oder auch, bewusst KEINE Rose abzulegen, weil es dir nicht guttun würde.

Was du tun kannst, wenn du Gewalt in der Geburt erlebt hast

In erster Linie geht es darum, dir erst einmal klar zu werden, was du eigentlich genau erlebt hast während der Geburt deines Kindes. Du kannst dich in meinem kleinen Test auf Instagram testen, ob du betroffen bist.

Diese Erkenntnis mag vielleicht weh tun. Doch ist sie gleichzeitig der erste wichtige Schritt, damit es dir besser geht.

Denn machen wir uns doch einmal bewusst: Es bringt uns nichts, jemanden zu beschuldigen. Es bringt uns genau so wenig, uns im Leid zu suhlen. Das Einzige, das wirklich zählt, ist dass es dir im Nachhinein besser geht und du nicht länger darunter leidest.

Nachdem du es erkannt hast steht deine Annahme: Die Vergangenheit können wir nicht verändern, also dürfen wir auch aufhören unsere Energie mit dem „hätte, wenn und aber“ zu verschwenden. Stattdessen lade ich dich ein, deinen Schmerz, deine Traurigkeit und Enttäuschung zu fühlen und zu erlauben. Sie wirklich in deinem Körper zu spüren, so wie sie sich zeigt.

Konkrete Schritte die dir guttun können, wenn die Erkenntnisse aus dem Roses Revolution Day dich belasten

Wenn du eine Vertrauensperson hast, die ein offenes Ohr hat und gleichzeitig nicht selbst dadurch belastet wird (wie beispielsweise eine Freundin, die selbst noch Mama werden möchte und besser keine angstmachenden Geschichten hören sollte), dann sprich unbedingt darüber. Nimm dir Raum.

Schreib deine Geschichte auf, male ein Bild, bring auf’s Papier, was in dir ist.

Und mach dir schließlich klar, was diese Erfahrung mit dir selbst gemacht hat: Welche Ängste oder Sorgen haben sich für dich daraus entwickelt?

Wie gut kannst du seitdem deine eigenen Grenzen wahren?

Erlebst du seitdem vermehrt Gefühle von Hilflosigkeit, Ausgeliefertsein oder Scham?

Wie hat sich die Beziehung zu deinem eigenen Körper verändert? Und die körperliche Beziehung zu anderen Menschen?

Wenn du dir selbst diese Dinge bewusst machst, kommst du in deine Eigenverantwortung. Es mag schmerzhaft sein zu sehen, welche Baustellen sich da zeigen. Doch gleichzeitig ist es nicht hoffnungslos. All deine Themen können gut bearbeitet werden.

Deine Erkenntnis darüber ist die Einladung, dich dem Schritt für Schritt aktiv zu nähern und so nicht länger ein Opfer der Gewalt in der Geburtshilfe zu sein.

Du hast bis hier gelesen? Ich freue mich auf deine Gedanken dazu: Wie begehst du den Roses Revolution Day? Legst du eine Rose nieder? Schreibst du einen Brief? Bittest du eine Freundin, dich zu unterstützen? Lass mich wissen, was DEIN Weg ist, damit umzugehen.

Deine Julia

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